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KREATIVWIRTSCHAFT

Neue Arbeitsplätze

Die ganze Stadt im Blick
Altona weiter vorn

Gabi Dobusch

Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft

Kreislaufwirtschaft im Bausektor stärken - Möglichkeiten von Pre-Demolition-Audits nutzen und Abbruchabfälle vermeiden

Hamburg ist eine wachsende Stadt und aufgrund veränderter Nutzungsbedürfnisse müssen Wohnraum und Gewerbeflächen immer wieder neu gedacht und den veränderten Bedarfen und Anforderungen angepasst werden. Diesen Anforderungen wurde in der Vergangenheit in der Regel mit einem Abriss und einem anschließenden Neubau begegnet. In Hamburg werden jährlich rund zwei Prozent aller Gebäude abgerissen, um Platz für neue Gebäude und neue Nutzungen zu machen.

Dabei ist die Baubranche nach wie vor sehr linear aufgestellt. Ressourcen und Materialien werden abgebaut und gehen in den Herstellungsprozess, anschließend werden die Häuser genutzt und dann abgerissen. Es entstehen riesige Abfallmengen. Weltweit ist die Bauwirtschaft für rund 60 Prozent aller Abfälle verantwortlich. Zusätzlich werden beim Bau neuer Wohnungen und Gewerbeflächen auch große Mengen an Energie benötigt. Weltweit werden durch den Bau und die Bewirtschaftung von Gebäuden 40 Prozent der Treibhausgasemissionen verursacht. Damit hat der Wohnungsbau auch in Hamburg einen direkten Einfluss auf den Klimawandel und den Ressourcenverbrauch. Neben den Rohstoffen werden auch Flächen für die notwendigen Deponiekapazitäten für Bau- und Abbruchabfälle immer knapper. Die Beschaffung von Rohstoffen wird also ggf. teurer, ebenso wie die Entsorgung von Abbruchabfällen.

Auf EU-Ebene steht die Kreislaufwirtschaft im Mittelpunkt des Green Deal. Die Herstellerverantwortung wird ebenso ausgeweitet wie die Vorgaben für kreislauffähige Produkte. Die Abfallhierarchie ist dabei maßgeblich für die Entwicklung einer kreislauffähigen Wirtschaft und sieht an erster Stelle die Vermeidung von Abfällen und die Wiederverwendung von Materialien als wichtigste Bausteine. Erst danach wird das stoffliche Recycling als weitere Möglichkeit genannt, Abfälle zu verringern und Rohstoffe im Kreislauf zu halten. Um in der Bauwirtschaft Abfälle zu vermeiden ist das erste Instrument die Sanierung und Umnutzung bestehender Gebäude, bevor ein Abriss in Erwägung gezogen wird.

Einige Länder der Europäischen Union haben sich bereits auf den Weg gemacht, auch im Baubereich kreislauffähig zu werden. So haben Schweden, Finnland und Dänemark bereits Pre-Demolition-Audits eingeführt. Mit der Erfassung der vorhandenen Materialien und der genauen Untersuchung, ob nicht auch eine Umnutzung des bestehenden Gebäudes möglich ist, kann schon sehr früh erkannt werden, ob der Abriss eines Gebäudes und damit die Entstehung von großen Mengen an Abfällen, die Nutzung von neuen Rohstoffen und der Einsatz von CO2 für Transport und Produktion vermieden werden kann.

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Auch der Bund bekennt sich zur kreislauffähigen Bauwirtschaft. Erste Schritte werden unternommen, um das stoffliche Recycling weiter voranzutreiben. Im Bundesland Berlin schreibt neuerdings eine Verwaltungsvorschrift die Prüfung des Wiederverwendungspotenzials mit Hilfe eines Rückbaukonzeptes von städtischen Gebäuden vor.


Es gibt zudem Forderungen eines breiten Bündnisses von Umwelt- und Sozialverbänden nach einer aus ökologischer und sozialer Sicht verantwortbaren Abrissgenehmigung sowie einige Unternehmen, Materialdatenbanken und Universitäten, die sich mit dieser Thematik auseinandersetzen. Mittlerweile wurde eine DIN SPEC unter Beteiligung verschiedener Akteure entwickelt, um die Durchführung von Rückbaukonzepten bzw. Pre-Demolition-Audits zu vereinheitlichen.

Hamburg sollte zeigen, welche Potenziale in diesem Verfahren liegen und in einem ersten Schritt bei seinen öffentlichen Gebäuden mit gutem Beispiel vorangehen.


Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird ersucht,

1. zu prüfen, ob ein Pre-Demolition-Audit vor dem Rückbau öffentlicher Gebäude in Hamburg verpflichtend eingeführt werden kann, zum Beispiel als regelhafter Bestandteil der Anforderungen des novellierten §22 Absatz 1, Nr 6 HmbKliSchG oder bei positiver Prüfung diese Pflicht an anderer geeigneter Stelle.

2. zu prüfen, ob die DIN SPEC 91484 eine geeignete Vorgabe für ein verpflichtendes Pre-Demolition-Audit für öffentliche Gebäude darstellt.

3. eine Informationskampagne über die Möglichkeiten von Pre-Demolition-Audits für die am Bau Beteiligten durchzuführen.

4. die Vernichtung der Bestände von Prüfstatiken in den Bauakten/Archiven der Bezirke und der Behörde für Stadtentwicklung (BSW/ ABH) einzustellen.

5. der Bürgerschaft bis zum 31.01.2025 zu berichten.

Antrag

Hamburgische Bürgerschaft
28.02.2024

Von den Abgeordneten:
Matthias Czech, Gabi Dobusch, Sabine Jansen, Dirk Kienscherf, Martina Koeppen, Alexander Mohrenberg, Christel Oldenburg, Lars Pochnicht, Michael Weinreich, Dagmar Wiedemann



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